Nachhaltiger Gemüseanbau in meinem Garten

Warum Ein Garten einfach toll ist

Seit ein paar Jahren verbringe ich zunehmend mehr Zeit im Garten und verlasse die sterile Computerwelt. Ich denke jeder Mensch braucht einen Ausgleich, einen Gegenpol. Und da ich ja sonst eher digitale Themen bearbeite ist das für mich das perfekte Hobby. Ich war schon immer ein sehr naturverbundener Mensch der gerne Wandern und ins Grüne geht. Ich liebe es, wenn ich an einem schönen Sommerabend einfach in den Garten gehen, mich an Kräutern und Gemüse bedienen und damit etwas leckeres kochen kann.

Die Arbeit, welche man in den eigenen Garten investiert, wird mit absoluter Frische, Qualität, intensivem Geschmack und gesünderen Produkten belohnt. Man muss weniger Gemüse zukaufen oder kann sich im besten Fall sogar komplett selbst versorgen. Hier darf man sich allerdings keine Illusionen machen. Der Aufwand hinter wirklicher Selbstversorgung ist immens. Auch wenn das Thema aktuell in Social Media sehr romantisiert und verklärt wird. Für mich reicht es, wenn ich ab und zu in den Garten gehen kann und mir die ein oder andere Delikatesse für ein besonderes Essen ernten kann.

Wie war das eigentlich früher?

Bevor es Supermärkte und Gemüseanlagen wie Almería in Spanien gab, hat sich die Bevölkerung häufiger selbst versorgt, saisonal und regional. Auf dem Dorf hatte so gut wie jede Familie einen Garten mit Gemüse, Obstbäume und Beerensträucher, Hühner, Hasen und vielleicht noch eine kleine Landwirtschaft außerhalb. Was mehr benötigt wurde, kaufte man beim lokalen Bauern und im Sommer wurden Vorräte für den Winter angelegt.

Man hat eingekocht und fermentiert (z.B. Sauerkraut) Kartoffeln und Karotten wurden im Naturkeller gelagert. Und heutzutage? Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat zum Aussterben von Kleinbetrieben geführt. Monokulturen, Monsanto und Co. lassen grüßen. Aber schon seit einigen Jahren ist ein Umdenken zu bemerken. Zugegebenermaßen, ohne die moderne Landwirtschaft hätten wir unseren Fortschritt nicht erreicht. Wenn sich der Großteil der Bevölkerung der Lebensmittelproduktion wie in der vorindustrialisierten Zeit widmen müsste, würden wir heute noch im Mittelalter leben. Um 1949 hat ein Landwirt gerade mal 10 Menschen versorgt, heute ernährt ein Landwirt 137 Menschen. (Quelle: https://de.statista.com)

Ich als kleiner Bub, im Hintergrund der Garten meiner Großeltern zu erkennen den ich heute wieder bewirtschafte.

Meine Oma war bereits zu Lebzeiten eine begeisterte Gärtnerin, damals erstreckte sich die Nutzfläche für den Anbau fast um das ganze Hausgrundstück. Heute beschränkt sich mein Nutzgarten auf einen kleineren Bereich hinter dem Haus. Diesen versuche ich aber möglichst nachhaltig, effizient, vielfältig und abwechselnd zu nutzen.

Die Rückkehr des Spiesertums?

Keine Frage, Gärtnern liegt aktuell voll im Trend. Vor allem unter Städtern die jede noch so kleine Grünfläche mit Samenbomben bewerfen und auf ihren kleinen Balkonen allerlei Anbau betreiben. Begriffe wie #UrbanGardening oder #Selbstversorgung werden gehypt. So beschreibt die Zeit-Online Autorin Marlen Hobrack mit einem leicht kritischen Unterton:

Entlang des Gartenthemas lassen sich alle heiß diskutierten ökologischen Themen der Gegenwart verhandeln: der Nachhaltigkeitstrend, das Bienensterben beziehungsweise insgesamt der starke Rückgang der Insekten, zunehmende Flächenversiegelung, Klimawandel, Luft- und Bodenverschmutzung, aber auch die beinahe philosophische Frage danach, wie wir leben wollen oder was das Leben lebenswert macht.

Marlen Hobrack / Zeit Online ​[1]​

Sie hat nicht ganz unrecht, oft wird das Gärtnern romantisiert, Misserfolge und Rückschläge werden unterschlagen. Betrachtet man das ganze rein betriebswirtschaftlich, macht es nämlich keinen Sinn, sich Selbst zu versorgen. Auch die steigenden Lebensmittelpreise aufgrund der aktuellen Inflation sind immer noch kein Argument für den Anbau, auch wenn das viele Leute zu glauben scheinen ​[2]​.

Es läuft auch mal was schief. Pilzkrankheiten, Schnecken, Fäulnis, Läuse und anderes Getier kann das Gärtnerleben schwer machen. Aber mit der richtigen Technik, den richtigen Pflanzpartnern und einer guten Planung sowie Erfahrung kann man diesen Herausforderungen begegnen.

Man betrachte beispielsweise einen Blumenkohl. Dieser benötigt eine Anbaufläche von ca. 50x50cm​[3]​, die Kulturzeit beträgt rund drei Monate. Kohl zählt zu den Starkzehrern, benötigt also viele Nährstoffe und ein Schutznetz, da sonst der Kohlweisling (Raupen) mit ziemlicher Sicherheit zuschlägt. Alternativ gibt es für ca. 1€ einen Blumenkohl im Supermarkt geschenkt.

Wer schonmal selbst Gemüse angebaut hat, dem kommen die Supermarkt-Preise bestimmt ähnlich suspekt vor. Wer dann seinen Blumenkohl endlich nach drei Monaten intensiver Pflege, nach Abwehr sämtlicher dunklen Mächte in der Hand hält (im Gegenwert von 1€), der fragt sich wahrscheinlich schon, wieso man eigentlich diesen Aufwand treibt?

Der Anbau von eigenem Obst und Gemüse lehrt einem jedenfalls den Respekt vor dem Wert der Lebensmittel und welcher Aufwand hinter der Erzeugung steht. Lasst euch jedoch nicht vom Blumenkohlbeispiel einschüchtern, es gibt natürlich auch einfaches, pflegeleichtes Gemüse für Einsteiger. z.B. Mangold, Radieschen, Salate oder Buschbohnen.

FLÄCHENVERBRAUCH IN DER LANDWIRTSCHAFT

Einer Berechnung der Vereinten Nationen zufolge benötigt ein Europäer für den Anbau seiner Lebensmittel etwa 4000 m² Nutzfläche. Setzt man das ins Verhältnis zur gesamten Weltweiten Ackerfläche und teilt es durch die Weltbevölkerung ergeben sich daraus nur 2000 m². Unser Lebensstil verbraucht also mehr Fläche als uns theoretisch zusteht.

Die Weltbevölkerung wächst, wohingegen die Ackerfläche nicht weiter zunimmt. Dadurch reduziert sich die jedem Menschen zu Verfügung stehende Ackerfläche weiter. Ein Grund für die Regenwaldabholzung. Größter Flächenverbraucher ist hier die Landwirtschaft für die Erzeugung von Futtermittel die Schlussendlich der Fleischproduktion gilt. Eine globale Ernährung, wie die Europäische, ist rechnerisch unmöglich. Mit diesem Thema hat sich das Weltacker-Experiment beschäftigt, das 2015 gezeigt hat, dass man auf 2000 m² viel mehr Nahrung anbauen kann. Allerdings sind hierbei Änderungen in der Ernährung erforderlich vor allem deutlich weniger Fleischkonsum.​[4]​

Wen das Thema interessiert, hier gibt es noch ein interessante ARTE-Dokumentation dazu.

Warum Gärtnern, wenn sich der Aufwand nicht lohnt?

Es gibt definitiv genügend Gründe die dafür sprechen. Gärtnern hält beispielsweise gesund. So verschreiben Ärzte in England mittlerweile Gartenarbeit. Die therapeutischen Wirkungen waren sogar schon im Altertum bekannt. Stressiger Alltag gehabt, dann auf in den Garten. Daneben hält das Gärtnern auch Fit. Wer schonmal seinen Kompost ausgegraben hat, der weiß, wovon ich spreche.

Neben den weichen Faktoren, wie die gesundheitlichen Vorteile, gibt es natürlich auch ökologische Aspekte. Durch die eigene Produktion direkt vor Ort kann CO2 eingespart werden. Dadurch müssen weniger Waren aus dem Ausland importiert werden, lange Transportwege werden vermieden. Natürlich gehört da noch einiges mehr dazu. Beispielsweise der Verzicht auf mineralischen Dünger, Beachten der Fruchtfolge, Pflanzen von insektenfreundlichen Pflanzen etc.

Setzt man beispielsweise auf Mischkultur, hält man Schädlinge und Krankheiten im Schach und kann so auch auf Pestizide verzichten, die in der konventionellen Landwirtschaft für viele Probleme sorgen. Um nur einige zu nennen, Insektensterben, Verlust der Artenvielfalt, Auslaugung der Böden, Belastung des Grundwassers. Viele Probleme mit denen wir heute konfrontiert werden.

Bewahrung des wissens

Einer der wichtigsten Aspekte für mich ist aber noch ein anderer. Ich möchte mir das Wissen aneignen, wie man Nahrungsmittel nachhaltig und ökologisch anbaut. Ich liebe es Neues zu lernen und es ist wirklich viel Wissen und Erfahrung nötig, um damit erfolgreich zu sein. Möchte man sich also mit dem Thema Selbstversorgung beschäftigen, ist eine gewisse Lernbereitschaft und Experimentierfreude von Vorteil.

Wie Mulche ich richtig und mit welchen Materialien? Wieviel Kompost muss ich unter die Erde Mischen, welche Pflanzen können sich gegenseitig positiv beeinflussen?

Nehmen wir Bohnen als Beispiel, sie nehmen den Stickstoff über die Luft auf und geben ihn über die Wurzeln an den Boden ab, davon wiederum profitieren Starkzehrer wie Kohl und Tomaten, die perfekten Partner in der Mischkultur.

War früher wirklich allse Besser?

Tomaten und Buschbohnen haben wir früher jedes Jahr angepflanzt, oft sogar auf die selben Beete. Und immer schön getrennt, ein Beet mit Buschbohnen eines mit Tomaten. Alles in Reih und Glied. Die Erde wurde lediglich gelockert und lag dann brach. Und auch wenn ich manchmal romantisch an den Garten meiner Großeltern zurückblicke, so darf man doch nicht die Augen vor einem Thema verschließen, das damals gang und gäbe war. Der Einsatz von Pestiziden.

Für mich heute undenkbar, der Schrank war voll mit Mitteln der Chemieindustrie allerlei Pestizide, Fungizide und Insektizide. So war das damals, es gab wenig Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ökologie. Aber im konventionellen Anbau werden auch weiterhin intensiv Pestizide eingesetzt. Mit den Folgen und Auswirkungen auf den menschlichen Körper und unsere Gesundheit beschäftigt sich Jenke von Wilmsdorff in dieser Reportage.

WAS ICH ANDERS MACHE

Heute haben sich ganz andere Prioritäten des Gärtnerns durchgesetzt. Techniken wie Fruchtfolge, Mischkultur, Permakultur, Terra Preta und Mulchen stehen im Trend. Man bedient sich des Wissens der vorindustrialisierten Zeit. Denn viele Techniken hatten die Menschheit über Jahrhunderte herausgefunden und erprobt.

Grundsätzlich ist es immer wichtig in Kreisläufen zu denken, denn alles in der Natur ist ständig in einem Kreislauf eingebunden. Entnehme ich etwas aus dem System, muss ich an anderer Stelle wieder etwas hinzufügen (Stichwort Dünger). Grundsätzlich ist das wichtigste daher in einem nachhaltigen Garten ein schöner Komposthaufen den man im nächsten Jahr auf seine Beete ausbringen kann.

Beispiel MIschkultur

Mischt man Bohnen und Tomaten lässt sich der Düngerbedarf und Wasserverbrauch senken sowie die Flächennutzung optimieren. Die Bohnen bedecken den Boden, Schützen mit dem Blattwerk vor Verdunstung, während die Tomaten in die Höhe wachsen. Zusätzlich schütze ich den Boden mit einer Mulchschicht aus Rasenschnitt, Stroh von meinen Gräßern oder Holzhackschnitzel.

Früher war die Oberfläche schnell ausgetrocknet und vom Regen erodiert. Durch die Kastenbeete bleibt der Mulch an der Stelle und es sieht nebenbei noch aufgeräumt aus. Auch den Hecken- und Grünschitt fahre ich nicht mehr zum Entsorgungsbetrieb sondern nutze ihn in meinem eigenen Garten als Mulchschicht (Es sei denn, die Pflanzen haben eine Pilzkrankheit, dann bitte entsorgen).

Nützlinge

Ein weiter wichtiges Thema in einem nachhaltigen Garten sind die Insekten. Nützlinge können beispielsweise durch das Pflanzen von Blumen und Stauden angelockt werden. Auch das Auslegen von Holz und Rinde lockt wichtige Insekten an. Natursteinmauern und Erdhügel bieten anderen Tieren wie Eidechsen und Wildbienen einen Unterschlupf. Gerade dieses Jahr konnte ich viele verschiedene Tiere beobachten.

Fazit & Weiterführende Links

Wer nun Lust bekommen hat selbst zu Gärtnern oder Gemüse anzubauen, dem empfehle ich noch einige Kanäle und Profile mit denen man sich das nötige Wissen aneignen kann. (HINWEIS: Unbezahlte Werbung )

Dann viel Spaß und auf ins grüne Abenteuer. PS: Sonnenschutz nicht vergessen, der obligatorische Gärtnerhut ist Pflicht 😉

Quellen

  1. [1]
    M. Hobrack, “Vitamin G,” Zeit Online, May 10, 2022. https://www.zeit.de/kultur/2022-05/gaertnern-trend-instagram-nachhaltigkeit-selbstversorgung-10nach8 (accessed Jun. 12, 2022).
  2. [2]
    “Selbstversorger lieben Heimwerkermärkte – Do-it-yourself-Branche boomt,” n-tv.de, May 01, 2022. https://www.n-tv.de/wirtschaft/Selbstversorger-lieben-Heimwerkermaerkte-article23301180.html (accessed Jun. 12, 2022).
  3. [3]
    M. Diederich, Selbstversorgung, 1st ed. Löwenzahn Verlag, 2022. [Online]. Available: https://www.amazon.de/Selbstversorgung-eigenes-anbauen-kuscheln-selbstgebackenes/dp/3706626829
  4. [4]
    “2000m2,” Wikipedia, Jun. 13, 2022. https://de.wikipedia.org/wiki/2000m%C2%B2 (accessed Jun. 13, 2022).

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3 Gedanken zu „Nachhaltiger Gemüseanbau in meinem Garten“

  1. Hallo lieber Frederik, du hast wieder einmal einen sehr guten und informativen Beitrag geleistet. Toll auch mit den schönen Bildern deines erfolgreichen Gärtnerns aus deinem wunderschönen Garten. Du bist wirklich vorbildlich. Motiviert mich! Danke. LG C.

    Antworten
  2. Moin Frederik,
    um z.Bsp. in Sachen „Saatgutbeschaffung“ Geld zu sparen und die ganze absurde Gescichte mit dem Gemüsegarten etwas „ökonomischer“ zu gestalten (UND um auch etwas mehr Spannung und einen weiteren Aspekt in die Sache zu bringen!) empfehle ich (Gärtner…), dein Saatgut selber zu ernten! Je ein paar Früchte voll ausreifen lassen und, bei Bedarf, z.Bsp. ins „Handbuch Samengärtnerei“ gucken. Zum Starten gibt es auch Saatgut-Kooperativen, die sortenfestes Gemüse anbieten, z.Bsp. „Dreschflegel“. Dann geht der Spass in die zweite Runde, für Fortgeschrittene.

    Viel Spass weiterhin!

    Gruß aus dem Friesischen von Jens

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